Fachrichtung Volksmusik

Die Stundentafel unserer gebührenfreien und bafögfähigen Vollzeit-Ausbildung in der Fachrichtung „Volksmusik“ umfasst in Ergänzung zur breiten Palette musikalischer Praxis- und Theoriefächer der Fachrichtung Klassik zusätzlich die beiden Theoriefächer Geschichte der Volksmusik und Grundlagen musikalischer Volkskunde sowie den fachpraktischen Unterricht auf einem dritten Instrument.

Das instrumentale bzw. vokale Hauptfach kann nicht nur mit volksmusik-typischen Instrumenten wie Akkordeon, Klarinette oder Gitarre, sondern auch mit Gesang und allen Instrumenten der klassischen Kunstmusik belegt werden. Der Unterricht im Hauptfach arbeitet an der Bewältigung allgemeiner spiel- bzw. gesangstechnischer Herausforderungen sowohl durch die Beschäftigung mit verschiedensten Stilistiken traditioneller Musik als auch durch das exemplarische Studium von Werken der klassischen Kunstmusik.

Nachdem die Fachrichtung Volksmusik bisher nur in der Ausprägung „Bairische Volksmusik“ angeboten wird (nämlich an der oberbayerischen BFSM in Altötting), verfolgen wir in Kronach einen dual konzipierten Ansatz: Einerseits fokussieren wir uns auf die Fränkische Variante der heimischen Volksmusik, andererseits weiten wir den Blick auf traditionelle Musiken anderer Ethnien, Länder und Kontinente. Wegen dieser globalen Perspektive nennen wir unsere Volksmusik-Abteilung intern eigentlich auch lieber Weltmusik-Abteilung.

Die Schüler:innen dieser Abteilung erwartet neben einer wissenschaftlich fundierten Vermittlung fränkischer Kulturschätze also auch das spannende Experiment einer ergebnisoffenen Kombination und Verschmelzung fränkischer Musik mit Stilelementen verschiedenster anderer Musikkulturen.

Was unter Bezeichnungen wie „Neue Volksmusik“, „Volxmusik“ oder „Tradimix“ schon seit geraumer Zeit Furore macht und bislang vor allem durch südbayerische oder österreichische Ensembles und Solisten repräsentiert wird, erhält damit auch für den Norden Bayerns ein neues Kreativlabor für „fränkisch inspirierte Weltmusik“.

Zugleich eignet sich die Ausbildung in der Fachrichtung Volksmusik durch die Betonung elementarer und improvisatorischer Musizierformen sowie durch den hohen Stellenwert tänzerischer Elemente ideal als Vorbereitung auf ein anschließendes Studium der Elementaren Musikpädagogik.

Geschichte der Volksmusik

In der Allgemeinen Musikgeschichte spielt die Volksmusik oft nur ein untergeordnetes Schattendasein. Nur beiläufig und weitgehend unzutreffend definiert als „Musik, die im Volk entstanden ist und keine bekannten Urheber hat“, wird das musikalische Repertoire der Stadtpfeifer und Spinnstuben, der Tanzkapellen und Bauernfeste im musikhistorischen Rückblick von der Gregorianik bis zur Gegenwart nur selten bei näherem Licht betrachtet.

Dabei liegt gerade dort, in der zunächst mündlich tradierten und häufig improvisatorischen Musizierpraxis bäuerlich-dörflicher und kleinstädtischer Gemeinschaften der nährstoffreiche Humus, in dem die hochentwickelte Kunst vieler namhafter Komponist:innen wurzelt. So finden sich etwa in Johann Sebastian Bachs weit verzweigtem Stammbaum zahlreiche Stadtpfeifer; Johannes Brahms verbrachte seine Kindheit und Jugend in Hamburger Hafenkneipen und Unterhaltungslokalen, in denen sein Vater zum Tanz aufspielte; und die monumentalen Sinfonien Gustav Mahlers (dessen erstes Instrument übrigens das Akkordeon war) sind ohne die Volks-, Tanz- und Marschmusik seiner böhmisch-mährischen Heimat nicht vorstellbar. Um nur drei besonderes prominente Beispiele zu nennen.

Wenn wir uns mit der Geschichte der Volksmusik beschäftigen, betrachten wir also keine abseitige Randerscheinung der Musikgeschichte, sondern im Grunde genommen deren innersten Kern und Ursprung.

Was unseren Fokus auf die Volksmusik Frankens betrifft, können wir durch unsere Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle für fränkische Volksmusik von einem großen Archiv und dessen wissenschaftlich fundierter Aufarbeitung profitieren. Dabei möchten wir Theorie und Praxis eng verzahnen und die Schätze aus diversen Nachlässen fränkischer Musiker:innen nicht nur mit spitzen Fingern unters Mikroskop legen, sondern mit frischer Musizierlust wieder zu neuem klingendem Leben erwecken.

Grundlagen musikalischer Volkskunde

Die „musikalische Volkskunde“, die im Rahmen musikwissenschaftlicher Forschung und Lehre auch als „Musikethnologie“, „Ethnomusikologie“ oder „Vergleichende Musikwissenschaft“ bezeichnet wird, betrachtet die Musik als soziale Interaktion gesellschaftlicher Gruppen. Ihr Blick richtet sich also weniger auf die Musik selbst, als vielmehr auf das „Drumherum“: die Praktiken, Riten, Bräuche, Traditionen, Funktionen, Zwecke, Anwendungsbereiche, Wirkungen, Bedeutungen und Vorstellungen von Musik in verschiedenen Gesellschaften.

Uns gibt dieses Fach die Gelegenheit, den Blick über den fränkischen, deutschen und europäischen Tellerrand hinaus auch auf die traditionellen Musikkulturen anderer Regionen, Ethnien, Völker, Länder und Kontinente zu werfen. Denn oft schärft gerade die Auseinandersetzung mit dem Fremden die Wahrnehmung und das Verständnis des Eigenen.

Kooperationen

Durch eine enge Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle für fränkische Volksmusik des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege können wir das reguläre Unterrichtsangebot durch vielfältige Workshops und Seminare zu besonderen Themen ergänzen. Dabei hilft uns das bei uns angesiedelte Sing- und Musikschulwerk Oberfranken, namhafte Dozent:innen zu engagieren und den Kreis der Teilnehmer:innen überregional auszuweiten, um so einen  lebendigen Austausch mit der regionalen, nationalen und  internationalen Folkmusik-Szene zu ermöglichen.

Im fränkischen Raum gehören die Volxmusik-Bands Kellerkommando und Boxgalopp zu unseren wichtigsten Inspirationsquellen und Ideengebern. Ebenso verbindet uns eine Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik, die Schüler:innen unter 25 Jahren einen finanziellen Zuschuss zur Teilnahmegebühr an Fortbildungen zur Fränkischen Volksmusik gewährt.

Gut vernetzt sind die „Player“ der (ober-)fränkischen Volksmusik-Szene über die Kultur- und Heimatpflege des Bezirks Oberfranken, der gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft nicht nur Notenmaterial und CDs herausgibt, sondern auch das jährliche Oberfränkische Volksmusikfest veranstaltet.

Lehrkräfte-Team

  • Franziska Trommer – Fachbereichsleitung, Geschichte der Volksmusik, Grundlagen der Musikethnologie, Global Folk Ensemble, Flöteninstrumente
  • Harald Kotschenreuther – Fränkisch‘ Folk Ensemble, Akkordeon
  • Dietmar Engels – Tango Ensemble, Kontrabass
  • Florian Beetz – Folk Rock Ensemble

Stundentafel Volksmusik

1. Pflichtfächer

1.1 Hauptfächer 

  • vokales oder instrumentales Hauptfach: Akkordeon, Blockflöte, Euphonium, Fagott, Gesang, Gitarre, Harfe, Horn, Klarinette, Klavier (Interpretation), Klavier (Improvisation), Kontrabass, Schlagzeug (Klassik), (Worldpercussion), Oboe, Orgel, Posaune, Querflöte, Saxophon, Traversflöte, Trompete, Tuba, Viola, Violine, Violoncello
  • Chor- und Ensembleleitung (I-II*)
 

1.2 Musikalische Pflichtfächer

  • erstes Pflichtfach-Instrument (I-III)
  • zweites Pflichtfach-Instrument (I-III)
  • Singen, Stimmbildung und Sprecherziehung (I-III)
  • Chorsingen (I-III)
  • Ensemblespiel instrumental (auch Begleitung) bzw. Ensemblesingen (I-III)
  • Elementares Musizieren (I-II)
  • Musikgeschichte und Literatur (I-II)
  • Geschichte der Volksmusik (I-II)
  • Grundlagen musikalischer Volkskunde (I-II)
  • Harmonielehre, Tonsatz (I-II)
  • Gehörbildung (I-III)
  • Allgemeine Musiklehre (I)
  • Instrumentenkunde und Akustik (I)
  • Partiturspiel (II)
  • Formenlehre, Werkanalyse (I-II)
  • Unterrichtsmethodik des Hauptfachs in Grundzügen (II)
  • Arrangement (III)
  • Unterrichtspraktisches Klavierspiel (III)
  • Musikpädagogik (III)
  • Methodik/Didaktik (III pädagogisch)
  • Geschichte/Literatur des Hauptfachinstruments (III pädagogisch)
  • Lehrpraxis (III pädagogisch)
  • Musiktheorie, Musikpraxis, Musikwissenschaft (III künstlerisch)

1.3 Allgemeinbildende Fächer 

  • Musik und Bewegungserziehung (I-II)
  • Politik und Gesellschaft (I-II)
  • Deutsch (I-II, für Abiturienten Befreiung möglich)
  • Religion bzw. Ethik (I-II, für Abiturienten Befreiung möglich)
 

2. Wahlfächer

  • Wahlfach: Instrument oder Gesang
  • Rock/Pop/Jazz
  • Computer und musikalische Gestaltung
  • Musiktherapie
  • Klavier: Improvisation / Schulpraktisches Klavierspiel
  • Band
  • Alte Musik
  • Kammerchor
  • Kammerorchester
  • Tango-Ensemble
  • Global-Folk-Ensemble
  • Folk-Rock-Ensemble
 

*Die römische Zahl in Klammern gibt an, in welchem der drei Jahrgänge das betreffende Fach unterrichtet wird.